Sehnenscheidenentzündung am Handgelenk - Zwei wichtige therapeutische Punkte
Die Sehnenscheidenentzündung tritt häufiger im Bereich des ersten Sehnenfachs auf. In diesem Falle spricht man dann von einer Tendovaginitis de Quervain. Meist werden als Ursachen Überlastung, Fehlhaltungen oder auch Verletzungen angegeben. Interessant ist hierbei, dass die Erkrankung deutlich mehr Frauen betrifft, als Männer.
Als Beschwerden werden in der Regel folgende Dinge angegeben:
- ziehende und stechende Schmerzen im Sehnenbereich
- Rötung
- Schwellungen
- Bewegungseinschränkung vor allem beim Greifen (Opposition)
Bei dieser Form der Sehnenscheidenentzündung sind die Muskeln Musculus abductor pollicis longus und Musculus extensor pollicis brevis betroffen (siehe Abbildung). Der Ursprung des erst genannten Muskels befindet sich an der Membrana interossea antebrachii (Membran zwischen Ulna und Radius), der Ansatz an der Basis des Os metacarpale I und am Handwurzelknochen Os trapezium. Dieser Knochen spielt vor allem bei Rhizarthrose eine wichtige Rolle! Hierbei kommt es zwischen dem Handknochen und dem Os trapezium zu einer Verschmälerung, welche zu den typischen Beschwerden vor allem beim Greifen führt. Die Innervation erfolgt durch den Nervus radialis (Ramus profundus) aus den Segmenten C7 und C8.
Der Ursprung des Musculus extensor pollicis brevis befindet sich ebenfalls an der Membrana interossea antebrachii, der Ansatz an der proximalen Phalanx des Daumens. Die Innervation erfolgt ebenfalls durch den Nervus radialis (Ramus profundus), jedoch hier aus den Segmenten C6 bis C8.
Überlegungen zur Entstehung
Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, warum es genau zu dieser Erkrankung kommt. Jedoch gelten Überlastung und Fehlhaltung als mögliche Erklärung.
Interessanterweise werden die betroffenen Muskeln von den Segmenten C6 bis C8 innerviert. In diesem Zusammenhang wäre es möglich, dass Menschen mit Beschwerden in der unteren Halswirbelsäule zu Sehnenscheidenentzündung des ersten Sehnenfachs neigen.
Erkrankungen wären z.B.:
- Schleudertrauma
- Gelenkblockierungen
- Bandscheibenvorwölbungen (Protrusion)
- Bandscheibenvorfälle (Prolaps)
- HWS-belastende Tätigkeiten wie Überkopf-Arbeiten
Neben der Wirbelsäule ist auch hier eine Erkrankung des Handwurzelknochens Os trapezium zu nennen. Dabei spielen neben Frakturen vor allem Verschmälerungen des Gelenksspalts zwischen dem Handwurzelknochen und den Handknochen eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang sollte man immer an die Rhizarthrose denken (siehe auch hierzu diesen Blog-Artikel).
Weiterhin sind Sehnen das „schwächste Glied“ in der Muskel-Sehnen-Kette. Deshalb ist zu überlegen, warum genau solche Beschwerden im Bereich des Handgelenks auftreten.
Eine mögliche Erklärung wäre, dass der Muskel eine Etage höher Auffälligkeiten aufweist. Hier wäre der Ursprung beider Muskeln zu nennen: Membrana interossea antebrachii.
Die Membrana interossea antebrachii kann von außen nicht getastet werden. Sie ist eine bindegewebige Sehnenplatte, welche sich zwischen der Ulna und dem Radius spannt und beide stabilisiert.
Im Bereich dieser Membran befinden sich häufig gut tastbare Muskelverhärtungen sowie Akupressurpunkte. Interessanterweise gibt es neben Akupressurpunkten in diesem Bereich auch häufig ausstrahlende Schmerzbereiche, welche auf Triggerpunkte im Schultergürtel zurückzuführen sind. Die wichtigsten Punkte erkläre ich nachfolgend.
Therapeutische Punkte einfach lokalisieren
Punkt 1
Bei einer Sehnenscheidenentzündung spielt vor allem der Musculus supraspinatus eine wichtige Rolle. Der Ursprung befindet sich an der Fossa supraspinata, der Ansatz im Bereich des Tuberculum majus. Der Zusammenhang zwischen Schulterbeschwerden und einer Sehnenscheidenentzündung ist dadurch zu erklären, dass der Musculus supraspinatus bei einer Fehlfunktion ausstrahlende Schmerzen bis in das Handgelenk radialseitig verursachen kann. Dies führt wiederum zu einer Verminderung des Stoffwechsels im Bereich des ersten Sehnenfaches. Hierdurch kann dann, wenn die Beschwerden länger anhalten, eine Tendovaginitis des ersten Sehnenfaches entstehen.
Die Ausstrahlungsgebiete und den Triggerpunkt findest du in der Abbildung.
Geben Betroffene mit Tendovaginitis de Quervain folgende Beschwerden an, dann basiert die Hauptursache dieser Erkrankung vermutlich auf einer Schulterproblematik:
- tief sitzende Schulterschmerzen
- Haare kämmen, Fenster öffnen, Tasse aus Hängeschrank nehmen, Bart rasieren oder Gesicht eincremen schmerzhaft
- Nackenbeschwerden auf der Seite der Sehnenscheidenentzündung
- seitlich ausstrahlende Oberarm- und Unterarmschmerzen
Zudem wurden bei Betroffenen in der Vergangenheit häufig folgende Diagnosen gestellt:
- Impingement-Syndrom
- chronische Schleimbeutelentzündung (Bursitis)
- Schulter-Arm-Syndrom
Den Muskel eigenständig dehnen
Der Arm wird hinter den Rücken geführt (Schürzengriff). Nun greift die „gesunde“ Hand das Handgelenk der erkrankten Hand hinter dem Rücken und zieht vorsichtig den Arm weiter zur Wirbelsäule und etwas in Richtung Po. So kann der Musculus supraspinatus vorsichtig gedehnt werden. Die Dehnung kann einige Male am Tag über einige Sekunden bis zu ein bis zwei Minuten erfolgen. Die Dehnung sollte ohne Schmerz durchgeführt werden.
Punkt 2
Bei dem zweiten Punkt handelt es sich um einen Akupressurpunkt. Dieser ist der 3-Erwärmer-Leitbahn zugeordnet. Der Punkt 3E8 dieser Leitbahn befindet sich etwa vier daumenbreit von der Mitte der dorsalen Handgelenksfalte entfernt. Beim Ertasten fällt man in eine Art „Kuhle“. Dieser Punkt wird vor allem bei Schulter-Nacken-Beschwerden eingesetzt und liegt im Bereich der Membrana interossea antebrachii (Membran zwischen Ulna und Radius). Hier ist genau der Bereich, wo sich der Ursprung beider Muskeln befindet (siehe oben), welche durch das erste Sehnenfach ziehen. Interessanterweise wird dieser Punkt auch gern genutzt, um Einfluss auf Triggerpunkte im Bereich Musculus levator scapulae zu nehmen.
Dieser Punkt kann durch einfache Massagen behandelt werden. Die Massage kann für einige Minuten und mehrmals täglich erfolgen.
Quellen
(1) Irnich D (2009) Leitfaden Triggerpunkte. Urban & Fischer Verlag
(2) Hecker HU, Steveling A, Peuker E (2010) Praxis-Lehrbuch Akupunktur. Hippokrates Verlag
Wichtiger Hinweis
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