Schulterschmerz - Was haben Leber und Galle damit zu tun?

Schulterschmerz – Was haben Leber und Galle damit zu tun?

Schulterschmerzen können vielfältige Ursachen haben. Zum einen entstehen diese beispielsweise durch Verletzungen wie Stürze und Sporttraumata, zum anderen durch degenerative muskuläre und gelenkige Veränderungen. Neben diesen Ursachen können jedoch auch organische Beschwerden eine wichtige Rolle spielen.

Doch wie kommt es zu einem Schulter-Leber-Galle-Schmerz?

Der Körper besitzt eine Vielzahl von nervalen und faszialen Verbindungen. Diese bestehen zwischen den sogenannten Rückensegmenten, aber auch zwischen muskulären und organischen Gewebestrukturen. Entstehen fasziale Dysbalancen, so lösen diese Veränderungen im Gewebetonus aus. Weiterhin kommt es zu einer möglichen Ischämie (Minderdurchblutung) im Organbereich, aber auch im umliegenden muskulären Bereich. Solche Dysbalancen sind der Anstoß für eine Schmerzentstehung.

In der Abbildung unten sieht man sehr gut den Faszienverlauf und die Faszienstruktur. Das Bild entstand während des Zubereitens eines Hähnchenfilets. :-)


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Schmerzübertragung - Referred Pain

Kommt es zu einer Schmerzübertragung von einem Gewebeort in einen anderen, dann spricht man von einem Referred Pain (übertragener Schmerz). Diese Bezeichnung ist jedoch vom sogenannten „Projektionsschmerz“ abzugrenzen. Ein Referred Pain liegt dann vor, wenn beispielsweise Organerkrankungen auf muskuläre Strukturen „übertragen“ werden. Bis heute konnte noch nicht vollständig geklärt werden, wie es zum Referred Pain kommt. Jedoch weiß man, dass während der embryonalen Entwicklung Nervenfasern des Rückenmarks auch in die Organe „einwandern“. Hierdurch entsteht eine indirekte Verbindung zum Rückenmark und auch zu anderen weiter entfernten Strukturen.

Ein Beispiel

Herr W. kommt mit der Diagnose „Schultergelenksarthrose“ in die Praxis. Laut Arzt gibt es keine Auffälligkeiten im Röntgenbild. Der Patient sitzt viel am Schreibtisch und treibt keinen Sport. Auch den Arm belastende Tätigkeiten wie Gartenarbeit oder ähnliches verneint er. Weiterhin sind keine Traumata wie Stürze bekannt. Herr W. erzählt, dass die Beschwerden nicht akut, sondern schleichend vor einigen Monaten begannen. Bei der Befundung fällt auf, dass der M. pectoralis minor und major sowie der M. deltoideus verhärtet sind. Auch der Nackenbereich mit dem M. trapezius ist verkürzt. Bei der Testung der Bewegung zeigen sich vor allem die Abduktion (abspreizen des Arms) sowie die Anteversion (nach vorn oben heben des Arms) eingeschränkt. Nach einigen Therapien zeigt der Patient keine Verbesserung der Schmerzen.

Bei der Frage nach Leber-Galle-Problemen antwortet der Patient, dass er schon seit etlichen Jahren Gallensteine gehabt habe. Vor etwa 6 Monaten wurden ihm die Gallenblase entfernt. 

Vernarbungen in diesem Bereich könnten erklären, warum es bei Herrn W. zu schleichenden Schulterbeschwerden kam.

An Leber und Galle denken

Kommt es bei Patienten zu rechtsseitigen schleichenden Schulterschmerzen ohne auffälligen Röntgenbefund, dann sollte unter Umständen an die Organe Leber und Galle gedacht werden.

Nachfolgend werden einige wichtige Beschwerden bzw. Erkrankungen genannt, welche einen rechtsseitigen Schulterschmerz auslösen können:


Die Leber betreffend:


  • nichtalkoholische Fettleber durch kohlenhydratreiche Ernährung wie Zucker und Weizenmehle
  • alkoholische Fettleber durch regelmäßigen Konsum von Alkohol wie Bier, Wein oder Schnaps
  • Leberhepatitis durch Viruserkrankungen wie Herpes-Viren, Hepatitis-Viren oder Epstein-Barr-Virus (Mononukleose)
  • Leberzirrhose
  • Ikterus (Gelbsucht)
  • Leberschäden ausgelöst durch Arzneimittel (arzneimittelinduzierter Leberschaden) z.B. durch:
    • Statine (Cholesterinsenker) wie Simvastatin
    • Schmerzmittel wie Paracetamol und Metamizol (Novaminsulfon)
    • Antibiotika wie Clindamycin oder Amoxicillin
    • Antiepileptika wie Carbamazepin
    • Antidepressiva wie Sertralin
    • Blutdrucksenker wie Verapamil oder Enalapril
    • Hormone wie Antibabypille
    • Magensäurehemmer wie Omeprazol
    • Methotrexat (MTX)
  • Leberschäden ausgelöst durch Pflanzenbestandteile z.B. Schöllkraut, Beinwell oder Kava
  • Lebertumor


Die Gallenblase betreffend:


  • Gallensteine
  • Gallenblasenentzündung
  • Galleabflussstörung z.B. durch Tumore
  • Narben nach Gallen-OPs, Narben können im Gallenblasen-Areal ebenfalls einen Referred Pain zur Folge haben


Hinweis

Neben den oben genannten Erkrankungen gibt es meist auch Problematiken, welche zu einer Leberbelastung führen. Hierzu zählen die Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit, erblich bedingte Stoffwechselstörung) und die Zöliakie.


Wie geht´s weiter?

Wenn es Patienten mit ihrer Schulter ähnlich wie Herrn W. geht, dann sollte die Leber-Galle-Funktion ärztlich näher untersucht werden. Aufschluss geben hier meist schon ein Ultraschall des Oberbauches sowie die Messung wichtiger Leberwerte im Blut.

Nachfolgend sind wichtige Laborwerte aufgeführt:

GPT und GOT

GPT wird auch als Glutamat-Pyruvat-Transaminase, GOT als Glutamat-Oxalacetat-Transaminase bezeichnet. Ältere Abkürzungen sind ALT (für GPT) und AST (für GOT). Kommt es bei diesen Werten schon zu einem geringfügigen Anstieg, dann ist dies häufig ein Zeichen für eine Leberschädigung. Die Werte gelten als sensitiv, da beim Abbau von Leberzellen die Enzyme frei werden und in Blutkreislauf gelangen.

GGT

Der Wert GGT bezeichnet die Gamma-Glutamyl-Transferase. Zeigt sich im Labor eine Erhöhung dieses Wertes, dann deutet dies auf eine Erkrankung der Gallenwege ggf. auch auf einen Leberschaden hin.

AP

Weiterhin kann es auch sinnvoll sein, die sogenannte AP (Alkalische Phosphatase) im Blut zu messen. Steigt dieser Wert an, liegt meist eine Störung des Gallenabflusses vor. In diesem Zusammenhang kommt es dann häufig auch zu einem gleichzeitigen Anstieg des GGT-Wertes.


Fazit

Bei schlecht behandelbaren und chronisch verlaufenden rechtsseitigen Schulterschmerzen sollte auch immer an die Leber gedacht werden. In solchen Fällen kann es Sinn machen, die Leber ärztlich abzuklären. Dabei sollte neben einer Laboranalyse mit den Werten GPT, GOT, GGT und AP auch ein Ultraschall des Oberbauches durchgeführt werden.



Quellen:

1) LaDR (abgerufen Sept 24). https://www.ladr.de/fileadmin/user_upload/115549_LADR_Info_256_Erhoehte_Leberwerte_Web.pdf

2) Deutsche Leberstiftung (abgerufen Sept 2024). https://www.deutsche-leberstiftung.de/downloads/broschuren/dls_kurz-broschuere_leber_und-leberwerte_2022-web

3) Schünke, M. (2022). Prometheus. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Thieme Verlag

4) Wancura-Kampik, I. (2022). Segment-Anatomie. Urban & Fischer Verlag

5) Kirkamm, R, Martin M. (2023). Spezielle Labordiagnostik in der naturheilkundlichen Praxis. Urban & Fischer Verlag


Wichtiger Hinweis

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