Schwindel durch Magensäurehemmer?

Schwindel durch Magensäurehemmer?

Es gibt eine Reihe von unterschiedlichen Schwindelformen. Hierzu zählen der häufig auftretende benigne paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPPV), der orthostatische Schwindel, der psychogene Schwindel oder auch der zervikogene Schwindel.

Es ist bekannt, dass häufig ältere Patienten unter Schwindel leiden und dies in der Hausarztpraxis angeben. In Untersuchungen geht hervor, dass Schwindel in Deutschland den Platz 13, in Amerika den Platz 9 für einen Arztkontakt belegt (1). Schätzungsweise nur bei 20 % kann die genaue Ursache für den Schwindel ausfindig gemacht werden (2, 3, 4, 5). Weiterhin wurde festgestellt, dass bei 80 % der Schwindel-Patienten keine spezifische Zusatzdiagnose dokumentiert wurde (6). Meist fällt in den Untersuchungen auf, dass Patienten vergleichsweise häufig die Diagnose „psychogener Schwindel“ bzw. „Schwindel im Alter“ erhalten.

Was haben Magensäurehemmer mit Schwindel zu tun?

Magensäurehemmer werden auch als Protonenpumpeninhibitoren (PPI´s) bezeichnet. Hierzu gehören Omeprazol z.B. Ulcozol®, Ulnor®, Pantoprazol z.B. Gastrozol®, Rifun®, Esomeprazol z.B. Nexium®, Lansoprazol z.B. Lanzot® oder Rabeprazol z.B. Pariet®. Die Wirkungsweise besteht darin, dass die Protonen-Kalium-Pumpe gehemmt wird. Es kommt zu einer Reduktion von Magensäuren. Die Hemmung erfolgt irreversibel. Erst wenn sich die Pumpen nach 2-3 Tagen erneuern, dann kommt es zu einem Wirkabfall des jeweiligen Medikaments. Die PPI´s werden vor allem bei Reflux, Gastritis oder auch bei einem Magen- und Dünndarm-Geschwür eingesetzt.

Zwei Gründe, warum es zu Schwindel kommt

1.Grund

Bei der Einname von PPI´s kann es zu unterschiedlichen Nebenwirkungen kommen. Eine davon ist teils akuter Schwindel. Schwindel wird als häufige Nebenwirkung angegeben. Das heißt, dass bis zu 1 von 100 Patienten mit dieser Problematik zu tun hat. Neben dem Schwindel können häufiger auch Durchfall, Übelkeit, Blähungen, Kopfschmerzen, Juckreiz, Mundtrockenheit, Erschöpfung und körperliche Schwäche sowie Spontanfrakturen an Hüfte, Handgelenk oder Wirbelsäule auftreten (7).

2.Grund

Im Magen kommt es durch die Einnahme von PPI´s zu einem veränderten pH-Wert. Dies führt dazu, dass neben anderen Mikronährstoffen auch Eisen schlecht aufgenommen wird. Eisen ist sehr wichtig für die Sauerstoffversorgung und ein Bestandteil von Hämoglobin. Da Hämoglobin den Abtransport von CO2 unterstützt, stellt Eisen auch einen wichtigen Faktor im Säure-Basen-Haushalt dar. Neben diesen Funktionen ist Eisen ferner an der Herstellung des Schilddrüsenhormons Thyroxin (T4) beteiligt. Dies erklärt, warum es unter einem Eisenmangel auch zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommen kann.

Kommt es neben einer verminderten Aufnahme von Eisen durch PPI´s zusätzlich zu einem erhöhten Eisen-Bedarf, so ist ein Eisenmangel wahrscheinlich.


Wann ist der Eisen-Bedarf erhöht?

• in der Schwangerschaft und Stillzeit

• bei einer veganen bzw. vegetarischen Ernährung

• bei beständigen Blutverlusten z.B. durch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Blutspenden oder Hämorrhoiden


Bei einem Eisenmangel können neben Schwindel auch noch weitere Beschwerden auftreten.

Wichtige Beschwerden können z.B. sein:

• teils starke Müdigkeit und Leistungsminderung

• starke Erschöpfung

• Haut- und Schleimhautblässe

• Schluckstörungen

• eingerissene Mundwinkel

• Zungenbrennen

• trockene und rissige Haut

• frieren v.a. an Händen und Füßen

• Haarausfall

• brüchige Nägel

• Kurzatmigkeit bei Belastung

• Herzklopfen

• Konzentrationsstörungen


Wie wird ein Eisenmangel festgestellt

Die Diagnostik eines Eisenmangels ist sehr komplex und sollte verschiedene Laborparameter beinhalten. Wird die Diagnostik nicht sauber durchgeführt, kann Schwindel als idiopathisch (Schwindel mit unbekannter Ursache) eingestuft werden. Bleibt also ein Eisenmangel unentdeckt, so kann der Schwindel nicht optimal behandelt werden. Tritt, vor allem bei älteren Menschen, Schwindel und eines bzw. mehrerer der oben genannten Beschwerden auf, so sollte in jedem Fall der Eisenspiegel bestimmt werden.

Ferritin

Der Ferritin-Wert bezeichnet den „Eisenspeicher“. Er gilt als sehr sensitiv. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass Ferritin als Akut-Phase-Protein auch bei entzündlichen Prozessen sowie in der Schwangerschaft ansteigt. Deshalb ist es sinnvoll, neben dem Ferritin-Wert auch immer den Entzündungsmarker CRP (C-reaktives Protein) messen zu lassen.

sTfR

Als zusätzlicher Marker kann der lösliche Transferrinrezeptor (sTfR) mitbestimmt werden. Im Gegensatz zu Ferritin, welcher einen Speichereisenmangel anzeigt, kann durch den löslichen Transferrinrezeptor ein Funktionseisenmangel ermittelt werden. Solche Mängel können sich bei Entzündungen und tumorösen Veränderungen zeigen. Interessant ist hierbei zu erwähnen, dass der lösliche Transferrinrezeptor auch schon dann auffällig ist, wenn der Hämoglobinwert (kleines Blutbild) sich noch im Normbereich befindet. Dies könnte erklären, warum manche Patienten an Schwindel leiden, jedoch kein Eisenmangel diagnostiziert wird.


Wichtig

Auffälligkeiten im kleinen Blutbild (Hämoglobin) sind bei einem Eisenmangel meist erst sehr spät sichtbar. Wesentlich früher zeigt sich ein Eisenmangel durch das Messen des Ferritin-Wertes. Zusätzlich sollte auch hier immer der CRP-Wert und der lösliche Transerrinrezeptor mitbestimmt werden.

Manchmal wird in Praxen auch die Transferrinsättigung bestimmt. Diese zeigt zwar auch schon frühzeitig einen möglichen Eisenmangel an, jedoch unterliegt dieser Wert zirkardianen Schwankungen d.h. Schwankungen im Tagesverlauf. Hier ist meist nur eine Aussagekraft gegeben, wenn der Wert stark erniedrigt ist (8).


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Eisenpräparate entscheidend für Nebenwirkungsprofil

Häufig werden bei einen diagnostizierten Eisenmangel Präparate wie ferro sanol® Hartkapseln verschrieben. Diese enthalten einen Eisen(II)-glycin-sulfat-Komplex. Meist vertragen die Patienten das Präparat nicht sehr gut. Dies kann daran liegen, dass sie an (vielleicht ihnen nicht bekannten) Magenschleimhautreizungen, Divertikeln (Ausstülpungen des Darms) oder Leberfunktionsstörungen leiden. In solchen Fällen kann die Einnahme von ferro sanol® eine Verschlechterung der vorliegenden Beschwerden begünstigen. Dies führt wiederum dazu, dass das Eisen nicht regelmäßig bzw. gar nicht genommen wird.

Weiterhin ist bekannt, dass die Einnahme von Medikamenten wie Schmerzmittel, L-Thyroxin oder L-Dopa bzw. Kaffee, Tee oder Milch die Aufnahme von Eisen hemmt.

Durch das häufige Auftreten von Nebenwirkungen (1 von 10 Patienten) wie Durchfall, Verstopfung, Erbrechen, Übelkeit, Sodbrennen und Magen-Darm-Beschwerden wird die Eiseneinnahme in der Regel vorzeitig vom Patienten beendet und nicht bis zum Ende durchgeführt (9).

Als verträglicher gelten pflanzliche Präparate, welche auf dem Curryblatt-Extrakt basieren. Hier gibt es Hersteller, welche sich auf die Produktion mit Markenrohstoffen spezialisiert haben. Die Bioverfügbarkeit wird hier als sehr gut eingestuft.



Quellen

(1) AWMF (abgerufen Juli 2024). https://register.awmf.org/assets/guidelines/053-018l_S3_Akuter_Schwindel_Hausarztpraxis_2018-07_1-abgelaufen_01.pdf

(2) Kroenke K, Mangelsdorff AD. Common symptoms in ambulatory care: incidence, evaluation, therapy, and outcome. Am J Med. 1989 Mar;86(3):262–6

(3) Lawson J, Fitzgerald J, Birchall J, Aldren CP, Kenny RA. Diagnosis of geriatric patients with severe dizziness. J Am Geriatr Soc. 1999 Jan;47(1):12–7.

(4) Kroenke K, Lucas CA, Rosenberg ML, Scherokman B, Herbers JE Jr, Wehrle PA, et al.

Causes of persistent dizziness. A prospective study of 100 patients in ambulatory care. Ann Intern Med. 1992 Dec 1;117(11):898–904.

(5) Kroenke K, Lucas C, Rosenberg ML, Scherokman B, Herbers JE. One-year outcome for patients with a chief complaint of dizziness. J Gen Intern Med. 1994 Dec;9(12):684–9.

(6) Kruschinski C, Kersting M, Breull A, Kochen MM, Koschack J, Hummers-Pradier E. [Frequency of dizziness-related diagnoses and prescriptions in a general practice database]. Z Für Evidenz Fortbild Qual Im Gesundheitswesen. 2008;102(5):313–9.

(7) Ratiopharm Beipackzettel. https://www.ratiopharm.de/assets/products/de/pkg_insert/Pantoprazol-ratiopharm%2020%20mg%20magensaftresistente%20Tabletten%20-%203.pdf?pzn=7189466

(8) Bioscientia. https://www.bioscientia.de/media/pomfmc3p/br242_bericht_eisenmangel.pdf

(9) Ferro sanol Beipackzettel. https://www.delmed.de/documents/products/Beipackzettel PDF/02799421.pdf?ver=1683201516

(10) Kirkamm R, Martin M. 2014. Spezielle Labordiagnostik in der naturheilkundlichen Praxis. 1. Auflage. München: Urban & Fischer Verlag

(11) Martin M. 2013. Das Standardlabor in der naturheilkundlichen Praxis. 4. Auflage. München: Urban & Fischer Verlag



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