Karpaltunnelsyndrom durch Vitamin-B12-Mangel?
Das Karpaltunnelsyndrom gilt als Nervenkompressionssyndrom. Hierbei ist der Nervus medianus betroffen. Der Nerv entspringt dem Plexus brachialis im Bereich der Achsel und verläuft mittig d.h. median entlang des Ober- und Unterarms über das Handgelenk. Bei einer Schädigung des Nervs kommt es zu Parästhesien im Daumen, Zeige- und Mittelfinger sowie in der Hälfte des Ringfingers. Dies wird im Allgemeinen auch als Schwurhand bezeichnet.
Das Karpaltunnelsyndrom gilt als komplexe Erkrankung, wobei neben hormonellen Einflüssen auch Überlastungen, Sehnenscheidenentzündungen oder Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis eine wichtige Rolle spielen können. Neben diesen Faktoren gelten auch mögliche Mängel an Mikronährstoffen als ursächlich.
Zu einen dieser Mängel gehört der Vitamin B12-Mangel. Häufig sind hiervon Menschen mit Leber- und Nierenerkrankungen, chronischer Magenschleimhautentzündung, Magensäuremangel v.a. ältere Patienten, Parasitenbefall, Aufnahmestörungen (v.a. Dünndarm und Bauchspeicheldrüse), Alkoholabhängigkeit sowie Raucher, Vegetarier oder Veganer betroffen. Nachfolgend werden einige Beispiele aufgeführt, um einen kurzen Einblick zu geben:
Leber und Niere betreffend:
• Fettleber, Leberzirrhose, Leberhepatitis, Autoimmunhepatitis z.B. durch Bakterien, Viren oder Umwelttoxine
• Niereninsuffizienz, Nierensteine, Nierenbeckenentzündung, diabetische Nephropathie, Nierenzysten
Magenschleimhautentzündung betreffend:
• chronische Gastritis durch Autoimmunerkrankungen, Sodbrennen, Helicobacter pylori, Medikamente v.a. Schmerzmittel, Stress, scharfes Essen
Parasitenbefall betreffend:
• Fischbandwurm durch den Verzehr von rohem Fisch
Aufnahmestörungen:
• Überwucherung des Dünndarms mit Bakterien (Overgrowth-Syndrom, SIBOS), Bauchspeicheldrüsenunterfunktion
Vitamin B12-Speicher nicht unendlich verfügbar
Vitamin B12 wird in der Leber gespeichert. Selbst bei einer Vitamin B12-armen Ernährung reichen die Reserven in der Regel für ein bis zwei Jahre. Somit kann es passieren, dass zum Beispiel Vegetarier oder Veganer erst nach einer längeren Zeit der Ernährungsumstellung latente Symptome verspüren.
Hierzu zählen:
• Mundwinkel eingerissen
• Erschöpfung, Antriebslosigkeit und Müdigkeit
• Hautblässe
• Zungenbrennen
• Taubheit und Kribbeln der Hände
• Stimmungsschwankungen
• Schwindel
• Konzentrationsstörungen
Weiterhin können im späteren Verlauf auch andere Beschwerden hinzukommen:
• Kurzatmigkeit
• Schlafstörungen
• Neuralgien
• Durchfälle
• Anämie
• Muskelparesen
Die Beschwerden können soweit führen, dass zu Beginn unter Umständen der Verdacht auf Multiple Sklerose besteht. Deshalb sollte bei Beschwerden wie starker Schwindel, Paresen und Neuralgien auch immer an einen Vitamin B12-Mangel gedacht werden. In diesem Zusammenhang kann man sich sehr gut erklären, warum es unter einem Mangel auch zu neurologischen Beschwerden wie einem Karpaltunnelsyndrom kommt.
Begünstigen auch Medikamente einen B12-Mangel?
Diese Frage ist eindeutig mit JA zu beantworten. Beispielsweise führen Schmerzmittel häufig zu Schäden an der Darmschleimhaut, welches die Aufnahme von Vitamin B12 erschwert. Auch Magensäurehemmer wie Omeprazol und Pantroprazol, orale Verhütungsmittel wie die Antibabypille oder auch das orale Antidiabetikum Metformin können zu einem Vitamin B12-Mangel führen. Weiterhin sollte neben Folsäure auch immer Vitamin B12 bei der Einnahme von MTX (Methotrexat) bestimmt werden, um einen Mangel auszuschließen. Beide Mikronährstoffe hängen stark miteinander zusammen.
Wie wird Vitamin B12 gemessen?
Vitamin B12 wird häufig noch als „Vitamin B12 im Serum“ gemessen. Diese Form der Messung gilt jedoch als relativ ungenau, da hier neben dem aktiven B12 auch die inaktive Form gemessen wird. Zudem gibt es einen großen Graubereich, wodurch ein Mangel leicht übersehen werden kann.
Sinnvoller ist es in diesem Falle die aktive Form im Serum zu messen. Dieser Wert heißt Holotranscobalamin. Der Parameter ist vergleichsweise teurer (etwa 28 €) als Vitamin B12, jedoch deutlich genauer.