Vitamin E bei Polyneuropathie

Vitamin E bei Polyneuropathie

Polyneuropathie betrifft eine Vielzahl von Menschen. Für die Entstehung können unterschiedliche Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Neben Infektionen, Medikamenten und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus können Mikronährstoffe als zusätzliche Option in Betracht gezogen werden, Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung zu nehmen. In diesem Artikel soll das meist unterschätzte Vitamin E genauer beleuchtet werden.

Vitamin E als unterschätztes Vitamin

Vitamin E ist auch unter den Synonymen d-alpha-Tocopherol, d-alpha-Tocopherylacetat oder Tocopherol bekannt. Das Vitamin ist fettlöslich und vorrangig in Raps-, Distel-, Maiskeim- oder Sonnenblumenöl, aber auch in Haselnüssen und Mandeln enthalten. Als Spitzenreiter gilt Maiskeimöl, gefolgt von Sonnenblumenöl.

Durch eine gesunde fettreiche Ernährung kann das Vitamin leichter aufgenommen werden. Das Vitamin gilt als wichtiges Antioxidans, sodass ungesättigte Fettsäuren für den Körper nutzbar bleiben. Hierdurch kommt es zu einer verminderten Lipidperoxidation und damit zu einem Schutz von Zellmembranen und vor Arteriosklerose. Weiterhin wirkt das Vitamin gefäßerweiternd, antithrombotisch und blutgerinnungshemmend. Zudem ist es in der Lage, die sogenannte Cyclooxygenase zu hemmen. Die Cyclooxygenase ist ein Enzym, welches an der Entzündungskaskade beteiligt ist. Es oxidiert die Arachidonsäure in Prostaglandin. Somit wirkt Vitamin E entzündungshemmend und schmerzhemmend. Neben diesen Funktionen ist das Vitamin an der Stimulation von Immunreaktionen beteiligt.

Etliche Menschen betroffen

Es gibt Gruppen von Menschen, welche besonders von einem Mangel betroffen sind. Hierzu zählen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, eine ungesunde Ernährung mit „schlechten“ Fetten, Alkoholkonsum oder auch Rauchen. Besonders häufig sind vor allem Diabetiker sowie Menschen mit Mukoviszidose und Alzheimer betroffen.

Recycling durch Mikronährstoffe

Nicht mehr nutzbares Vitamin E kann durch andere Mikronährstoffe recycelt werden. Hierzu zählen Coenzym Q10, Vitamin C, Selen und Glutathion. Bei einem Mangel dieser Stoffe kommt es zu einer fehlenden „Aufarbeitung“ des Vitamins und damit ebenfalls zu einem möglichen Mangel.

Ein Vitamin C-Mangel wird z.B. durch Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Stress, Rauchen, Alkohol sowie Magen-Darm-Erkrankungen begünstigt. Auch die Einnahme von Cortison, Prednison, Prednisolon und der Antibabypille kann zu einem Mangel führen.

Ein Coenzym Q10-Mangel wird z.B. durch Diabetes mellitus, Asthma, chronische Stresserkrankungen wie Burnout, Fibromyalgie, Migräne, neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson, aber auch durch eine Galle-Darm-Erkrankungen begünstigt. Auch die Einnahme von Statinen kann zu einem Mangel führen.

Ein Glutathion-Mangel wird vor allem durch starken oxidativen Stress verursacht. Hierzu zählen schwere chronische Erkrankungen oder auch Tumorerkrankungen.

Ein Selen-Mangel wird z.B. durch eine einseitige bzw. auch vegane, vegetarische Kost, chronische Entzündungen (Silent Inflammation) sowie Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis begünstigt. Auch die Einnahme von Neuroleptika kann zu einem Mangel führen.

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Vitamin E-Anwendung bei Polyneuropathie

Bei einem Mangel an Vitamin E kann es zu vermehrten oxidativen Schäden an den Zellmembranen und damit auch im Verlauf zu Nervenschäden kommen. Häufig ist zu beobachten, dass vor allem Diabetiker neben einem Mangel an Vitamin E auch an einem Mangel an den „Recycling-Stoffen“ wie Vitamin C und Coenzym Q10 leiden.

Vitamin E kann im Blut untersucht werden. Hierbei wird der Wert Alpha-Tocopherol ermittelt. Da Vitamin E ein fettlösliches Vitamin ist, sollte es zu einer fettreichen Mahlzeit eingenommen werden. Bei der Einnahme ist darauf zu achten, dass gegebenenfalls die Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten angepasst werden muss. Zudem kann Vitamin E in höheren Konzentrationen die Wirkung von Insulin verstärken. Präparate sind beispielsweise als D-α-Tocopherol, DL-α-Tocopherol, D-α-Tocopherylacetat oder DL-α-Tocopherylacetat erhältlich. Die Dosierung liegt bei 100 bis 300 mg täglich.

In einer Metanalyse von 2013 wurde anhand von 319 Patienten ermittelt, inwieweit Vitamin E (300-600 mg täglich) einen Effekt zur Vermeidung einer Chemotherapie-bedingten Polyneuropathie zeigt. Die Studie zeigte vor allem bei Cisplatin einen deutlichen Effekt. Jedoch wurde angemerkt, dass weitere Studien folgen müssen (1).

Eine multizentrische prospektive randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Studie mit insgesamt 80 Probanden untersuchte, inwieweit Vitamin E einen Einfluss auf die Diabetes-bedingte Polyneuropathie hat. Hierfür erhielten über acht Wochen 39 Probranden zweimal täglich 200 mg Vitamin E (Tocovid), 41 Probanden ein Placebo. Nach der Zeit wurde die Nervenleitgeschwindigkeit sowie im Blut u.a. NGF (Neurotrophic Growth Factor), TNF-alpha (Tumornekrosefaktor Alpha) und Thromboxan B2 gemessen. Hierbei wurde festgestellt, dass nach dieser Zeit sowohl die Nervenleitgeschwindigkeit, als auch die NGF-Serum-Spiegel im Blut signifikant anstiegen (2).

In einer anderen Studie wurden insgesamt 88 Probanden mit Diabetes eingeschlossen. Diese erhielten über 12 Monate zweimal täglich 200 mg Vitamin E (Tocovid) bzw. ein Placebo. Zusätzlich wurden Blutwerte wie der Langzeitblutzucker HbA1c, Lipidparameter und Nierenwerte bestimmt sowie die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen. Nach 12-monatiger Einnahme zeigte die Vitamin E-Gruppe eine hochsignifikante Verbesserung der Nervenleitgeschwindigkeit v.a. sensibler Nerven. Veränderungen in den Serummarkern wurden nicht festgestellt. Nach einer 6-monatigen Kontrolluntersuchung kam es zu keinen signifikanten Unterschieden mehr zwischen Vitamin E- und Placebo-Gruppe. Dies lässt daraus schließen, dass eine regelmäßige Einnahme von Vitamin E notwendig sein könnte (3).



Quellen:

(1) Eum S, Choi HD, Chang MJ, Choi HC, Ko YJ, Ahn JS, Shin WG, Lee JY. Protective effects of vitamin E on chemotherapy-induced peripheral neuropathy: a meta-analysis of randomized controlled trials. Int J Vitam Nutr Res. 2013;83(2):101-11. doi: 10.1024/0300-9831/a000149. PMID: 24491883.

(2) Ng YT, Phang SCW, Tan GCJ, Ng EY, Botross Henien NP, M Palanisamy UD, Ahmad B, Abdul Kadir K. The Effects of Tocotrienol-Rich Vitamin E (Tocovid) on Diabetic Neuropathy: A Phase II Randomized Controlled Trial. Nutrients. 2020 May 23;12(5):1522. doi: 10.3390/nu12051522. PMID: 32456230; PMCID: PMC7284602.

(3) Chuar PF, Ng YT, Phang SCW, Koay YY, Ho JI, Ho LS, Botross Henien NP, Ahmad B, Abdul Kadir K. Tocotrienol-Rich Vitamin E (Tocovid) Improved Nerve Conduction Velocity in Type 2 Diabetes Mellitus Patients in a Phase II Double-Blind, Randomized Controlled Clinical Trial. Nutrients. 2021 Oct 25;13(11):3770. doi: 10.3390/nu13113770. PMID: 34836025; PMCID: PMC8618591.

(4) Böhm U, Muss C. (2011). Rationelle Therapie in der Mikronährstoffmedizin. UNI-MED Verlag

(5) Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

(6) Gröber, U. Orthomolekulare Medizin: Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte, 3. unveränderte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2008.



Wichtiger Hinweis

Dieser und alle anderen Artikel des Blogs dienen nicht zur Selbstdiagnose und Selbstbehandlung. Zudem ersetzen diese keinen Besuch bei einem Arzt. Jegliche Anwendungen und Maßnahmen sollten zuvor immer mit Ihrem Arzt besprochen werden. Eine Haftung für Schäden und andere Nachteile ist ausgeschlossen.

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