Flossing bei Arthrose der Finger
Flossing ist seit den letzten Jahren eine aufkommende Behandlungsmethode aus der Sportphysiotherapie. Hierfür nutzt man ein elastisches Gummiband, welches um die entsprechende Extremität gewickelt wird. Das Band gibt es in verschiedenen Stärken und Größen. Bei der Anwendung an großen Gelenken eignen sich beispielsweise Bänder mit einer Breite von 5 cm, bei kleineren Gelenken mit einer Breite von 2,5 bis 1 cm. Manche Hersteller bieten keine sehr schmalen Bänder an. Diese können jedoch problemlos zugeschnitten werden.
Welche Wirkung erzielt das Flossing?
Das Flossing übt durch die Wickelung einen starken propriozeptiven Reiz auf das Gewebe aus. Hierdurch kann es zu einer sogenannten Counter-Irritation kommen. Dies bedeutet, dass der Reiz durch das Band den eigentlichen Schmerz der Arthrose „überschreibt“. Das Gehirn nimmt somit primär den starken propriozeptiven Reiz, jedoch kaum bzw. nicht mehr den arthrotischen Schmerz wahr. Die Counter-Irritation gelingt meist nur, wenn der Reiz über dem eigentlichen Arthroseschmerz liegt. Befindet sich der Arthroseschmerz bereits auf einer visuellen analogen Schmerzskala auf einer 9 oder 10, dann ist eine Counter-Irritation therapeutisch wenig sinnvoll.
Weiterhin kommt es unter dem Flossing zu einem starken zusammen „pressen“ einzelner Gewebeschichten. Kommt es nun zu einer aktiven Mobilisation, werden immense Scherkräfte zwischen den einzelnen Schichten entwickelt.
Hierbei kommt es während bzw. nach der Flossing-Anwendung zu folgenden Reaktionen:
- Hyperthermie d.h. starke Durchblutungsförderung
- Hyperämie d.h. starker Einstrom von Blut nach der Stauung mit Erhöhung der Sauerstoff- und Flüssigkeitszufuhr
- lösen möglicher Verklebungen und Verwachsungen
- durch Wickelung des Bandes Dynamisierung der Lymphflüssigkeit
- durch Wickelung des Bandes Stauung von arteriellem und venösem Blut
- Schmerzhemmung durch propriozeptiven Reiz
Bezogen auf arthrotische Gelenke spielen hier folgende Effekte eine wichtige Rolle:
- Durchblutungsförderung
- Schmerzhemmung
- Unterstützung der Knorpelregeneration
- Versorgung des Knorpels mit Nährstoffen und Flüssigkeit
- Unterstützung der Fingerbeweglichkeit
Wie wird Flossing eingesetzt?
Flossing kann bei unterschiedlichen orthopädischen Erkrankungen eingesetzt werden. Bei Arthrose der Finger wird es gern genutzt, um zügig Beschwerden zu lindern.
Das Band wird immer von distal nach proximal gewickelt. Die Wickelung kann mit unterschiedlich starkem Zug erfolgen. Je stärker der Zug ist z.B. 100 %, umso stärker wirken Scherkräfte auf das darunter liegende Gewebe. Meist ist es sinnvoll, mit weniger Zug zu starten. Dieser kann dann je nach Bedarf angepasst werden. Neben dem Zug spielt auch die Stärke des Bandes eine wichtige Rolle. Hersteller bieten in der Regel leichte, mittelstarke und starke Bänder an. Auch hier muss beachtet werden, welches Ziel man in der Behandlung verfolgt.
Beispiel 1: Arthrose des Zeigefingers
Die Patientin gibt seit einigen Monaten ein schmerzhaftes Mittelgelenk des Zeigefingers an. Beim Arzt wurde durch ein Röntgenbild eine arthrotische Veränderung diagnostiziert. Außerdem gibt die Patientin morgendliche Fingersteifigkeit an. Bei Bewegung nennt sie einen Schmerz von 3-4, in Ruhe einen Schmerz von 2 auf der visuellen analogen Schmerzskala. Die Patientin nimmt keinerlei Medikamente bzw. Schmerzmittel.
Bei der Patientin wird ein mittelstarkes Band gewählt, da die Arthrose seit einiger Zeit besteht und verschiedene Probleme bereitet. Das Band wird vom Fingernagel ausgehend nach proximal gewickelt. Der Finger befindet sich hierbei in Streckung. Das Band überlappt leicht an den Rändern, um ein verrutschen dieses zu vermeiden. Außerdem wird das Band über das Mittelgelenk geführt, um dort die Durchblutung mithilfe des Bandes zu verbessern. Der Zug liegt bei etwa 10 %. Nach der ersten Wickelung wird die Patientin gebeten, den Finger aktiv gegen den Widerstand zu bewegen. Kommt es zu einer leicht blassen Verfärbung im Bereich der Fingerkuppe, so wird das Band sofort entfernt. Der zweite Durchgang erfolgt mit etwa 20 % Zug. Auch hiernach wird der Finger wieder aktiv gegen den Widerstand bewegt. Der Zug wird solange gesteigert, bis sich der Finger leichter bewegen lässt. Zudem sollte der Arthroseschmerz hintergründig sein.