Diffuse Muskel- und Gelenkschmerzen - Statine als Problem?

Diffuse Muskel- und Gelenkschmerzen können belastend sein und den Alltag für viele Menschen erschweren. Die Schmerzen treten im Wechsel auf und können über den Körper „wandern“. Sie sind nicht klar definierbar und sprechen meist nur unzureichend auf Therapien wie Wärme, manuelle Therapie oder Massagen an.

Kommt es zu nachfolgenden Beschwerden bzw. Beobachtungen, so sollte neben möglichen chronischen Erkrankungen auch an die Einnahme von Medikamenten wie Statine gedacht werden:

  • unklare und länger andauernde Beschwerden
  • diffuse Schmerzen
  • wechselnde und „wandernde“ Schmerzen
  • Schmerzmittel, Massagen und Wärme bringen keine bzw. nur kurzzeitige Besserung
  • Diagnose „Fibromyalgie“ steht im Raum

Statine als mögliches Problem

Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 1.707 Millionen Tagesdosen Statine (DDD, definierte Tagesdosen) verschrieben. Der Trend ist steigend, wobei das Simvastatin und Atorvastatin einen großen Teil ausmachen.

Statine unterscheiden sich in ihren Wirkprofil teils erheblich, wobei die Halbwertzeit zwischen etwa 1 Stunde (Lovastatin) und 20 Stunden (Rosuvastatin) schwankt. Statine hemmen die sogenannte HMG-CoA-Reduktase. Hierbei binden sie reversibel an die Reduktase und blockieren diese. Dadurch kommt es zu einer verminderten Bildung von Cholesterin in der Leber. Infolge steigt die Bildung des LDL-C-Rezeptors, was eine erhöhte Cholesterinaufnahme im Blut zufolge hat. Atorvastatin und Rosuvastatin zeigen eine hohe Bindungsaffinität und wirken hierdurch stärker, als andere Statine. Zudem zeigen sie im Vergleich zu anderen Statinen eine längere Halbwertzeit.

Simvastatin und Atorvastatin werden vorrangig über die Leberenzyme CYP3A4 verstoffwechselt. Werden unter der Einnahme von Statinen zusätzlich CYP3A4-hemmende Stoffe eingenommen, steigt das Risiko für Muskelschmerzen. Bei den Medikamenten Fluvastatin, Pitavastatin und Rosuvastatin ist das Risiko in der Regel nicht gegeben. Jedoch sollten die Enzyme hemmende Stoffe mit Vorsicht gegeben werden.

Nachfolgend gelten die aufgelisteten Medikamente als absolute Kontraindikation:

  • Makrolidantibiotika v.a. Ery-, Clari-, Telithromycin
  • Azol-Antimykotika (Antipilzmittel) v.a. Itra-, Keto-, Posaconazol
  • Hepatitis-C-Medikamente v.a. Proteasehemmer

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In Beobachtungen und klinischen Praxen werden Statin-assoziierte Muskelschmerzen mit einem etwa 30 %igen Risiko angegeben, wohingegen die Zahl in randomisierten Studien deutlich niedriger liegt. In einer Metanalyse mit ca. 4 Millionen Menschen und 176 Studien wurde ein Auftreten von Myalgien durch Statine mit etwa 9 % angegeben. Obwohl hier eine deutliche Differenz zwischen beiden Werten besteht, ist das Problem als klinisch relevant anzusehen.

Neben der Wahl des Statins gibt es verschiedene Faktoren, welche das Risiko für eine sogenannte Statin-assoziierte Myalgie erhöhen. Hierzu zählen:

  • hohe Statin-Dosis
  • ältere Menschen
  • Frauen
  • Infektionen
  • exzessiver Sport
  • Leber- und Nierenerkrankungen
  • Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • weitere chronische Erkrankungen
  • zusätzliche andere Medikamente

Coenzym Q10 als wichtiger Mikronährstoff

Wie oben beschrieben wird durch die Einnahme von Statinen die HMG-CoA-Reduktase gehemmt, wodurch weniger Cholesterin in der Leber gebildet wird. Zusätzlich werden neben der Reduktase auch weitere Prozesse gehemmt, welche für die Synthese von Coenzym Q10 zuständig sind.

Ein Coenzym Q10-Mangel kann sich durch Schwäche, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und auch Muskelschwäche und Muskelschmerzen zeigen.

Eine Metaanalyse mit insgesamt 800 Probanden konnte eine Verbesserung der Statin-assoziierten Myopathie durch die Einnahme von Coenzym Q10 zeigen (1). Jedoch sind bis zum heutigen Zeitpunkt etliche Studien uneinheitlich. Verzerrungen (Bias) können durch eine zu geringe Probandenzahl, zu geringe Dosierungen, einem kurzen Beobachtungszeit sowie einem fehlenden Follow-up (Nachuntersuchung) zu erklären sein.

Einnahme und Fazit

Da Coenzym in Form eines Nahrungsergänzungsmittels keine Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen aufweist, ist eine Anwendung unter Statinen möglich. Hierbei werden täglich 200 mg in Form von Ubiquinon empfohlen, wobei auf Markenrohstoffe zu achten ist. Kommt es unter Coenzym Q10 zu keiner Verbesserung von Muskel- und Gelenkschmerzen, so sollten weitere mögliche Ursachen ausgeschlossen werden. Die aktive Form von Coenzym Q10 wird als Ubiquinol bezeichnet und kann ebenfalls, jedoch in deutlich geringeren Dosierungen, eingenommen werden.




Quellen

1) Ahmad K, Manongi NJ, Rajapandian R, Moti Wala S, Al Edani EM, Samuel EA, Arcia Franchini AP. Effectiveness of Coenzyme Q10 Supplementation in Statin-Induced Myopathy: A Systematic Review. Cureus. 2024 Aug 31;16(8):e68316. doi: 10.7759/cureus.68316. PMID: 39350827; PMCID: PMC11441719.

2) Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft https://www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimitteltherapie/AVP/Artikel/201504/162.pdf

3) Bytyci I, Penson PE, Mikhailidis DP, et al. Prevalence of statin intolerance: a meta-analysis. Eur Heart J. 2022 doi: 10.1093/eurheartj/ehac015.

4) Corsini a et al.: statin-associated muscle symptoms: impact on statin therapy – european atherosclerosis society Consensus panel statement on assessment, aetiology and management. eur heart J 2015; 36: 1012-1022.

5) Heart Protection Study Collaborative Group MRC/BHF heart protection study of cholesterol lowering with simvastatin in 20,536 high-risk individuals: a randomised placebo-controlled trial. Lancet. 2002 doi: 10.1016/S0140-6736(02)09327-3.

6) Laufs U, Scharnagl H, Halle M, et al. Treatment options for statin-associated muscle symptoms. Dtsch Arztebl Int. 2015 doi: 10.3238/arztebl.2015.0748.

7) Liao JK, Laufs U. Pleiotropic effects of statins. Annu Rev Pharmacol Toxicol. 2005 doi: 10.1146/annurev.pharmtox.45.120403.095748.

8) Newman CB, Tobert JA. Statin intolerance: reconciling clinical trials and clinical experience. JAMA. 2015 doi: 10.1001/jama.2015.1335.

9) Schwabe U., Paffrath D. (2014). Arzneiverordnungsreport. Berlin. Heidelberg. Springer Verlag


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