Ginseng bei diabetischer Polyneuropathie?

Ginseng bei diabetischer Polyneuropathie?

Die Diabetes-bedingte Polyneuropathie tritt sehr häufig in der Bevölkerung auf. Meist sind erste Anzeichen einer Polyneuropathie ein möglicher Hinweis auf einen Prädiabetes. Deshalb sollten solche Beschwerden ernst genommen werden.

Als Symptome werden von den Patienten unter anderem Kribbelparästhesien und Taubheit beschrieben, welche sich wie übergestülpte Socken bzw. Handschuhe anfühlen.

Kommt es zu einer Prädiabetes- bzw. Diabetes-bedingten-Polyneuropathie, so können neben ausreichend Bewegung und einer Ernährungsumstellung auch Pflanzenextrakte eine wichtige Rolle spielen. In diesem Falle handelt es sich um Ginseng.

Ginseng bei Prädiabetes und Diabetes

Ginseng ist an den asiatisch-pazifischen Küstengebieten heimisch. Die Pflanze wird etwa 80 cm hoch, wobei die Wurzel zwischen 4 und 20 cm lang sein kann. Ginseng bedeutet im Chinesischen „Kraft der Erde“ und im Koreanischen „Wurzel des Lebens“. Früher war die Pflanze wertvoller als Gold und nur bestimmten reichen Bevölkerungsschichten vorbehalten. Ginseng wurde schon vor tausenden von Jahren in der chinesischen Medizin eingesetzt. Für die Anwendung kommen in der Regel Wurzelextrakte des asiatischen Ginseng (Panax ginseng, roter Ginsengwurzelextrakt) zum Einsatz. Neben einer hormonregulierenden Wirkung auf die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse wirkt er zudem immunstimulierend und führt zu einer zügigeren Genesung. Ginseng wird deshalb gern bei physischen und psychischen Stressbelastungen eingesetzt, da er die Stresstoleranz erhöht. Ferner unterstützt Ginseng die Konzentrations- und Gedächtnisleistung. Zudem weist der Extrakt nervenschützende Effekte auf, welche sich durch eine Aktivierung von GABA-Rezeptoren (Gamma-Amino-Buttersäure) und Unterstützung von nervalen Wachstumsfaktoren zeigt. Weiterhin ist das im Extrakt enthaltene Ginsenosid Rc in der Lage, die Glukoseaufnahme in die Erythrozyten zu steigern.

Interessante Studien zur Wirksamkeit

In einer Metaanalyse wurden insgesamt 20 Studien untersucht. Diese zeigten, dass sich während der Studiendauer die HOMA-IR-Werte, die Werte für Nüchtern-Blutzucker sowie die IL-6-Werte signifikant absenkten (1). Der HOMA-IR-Wert (Homeostasis Model Assessment, HOMA-Index) wird aus dem Wert für Nüchtern-Blutzucker und dem Nüchtern-Glukosewert berechnet. Hierdurch kann die Funktion der Insulinresistenz und die Funktion der Beta-Zellen (Pankreaszellen) besser abgeschätzt werden. IL-6 ist ein entzündlich wirksames Interleukin, welches eine Signalfunktion in der Immunabwehr besitzt. Es wird beispielsweise in den Makrophagen, Monozyten, Mastzellen, Endothelzellen oder auch Fibroblasten synthetisiert. Eine Erhöhung von IL-6-Werten findet man bei entzündlichen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, einer Sepsis, Arteriosklerose oder auch Diabetes mellitus.

In einer weiteren Metanalyse wurden insgesamt 16 Studien eingeschlossen. Hierbei wurden Nüchtern-Blutzucker (770 Probanden) und Nüchtern-Plasma-Insulin (349 Probanden) untersucht. Dabei zeigte sich eine signifikante Absenkung des Nüchtern-Blutzuckers im Vergleich zur Kontrollgruppe, jedoch keine Veränderung des Nüchtern-Plasma-Insulins (2).

In einer kleinen placebokontrollierten randomisierten Studie mit insgesamt 19 Probanden (11 Männer und 8 Frauen) wurde untersucht, inwieweit Ginseng einen Einfluss auf den Diabetes mellitus zeigt. Die eine Gruppe erhielt dreimal täglich 2 Gramm d.h. insgesamt 6 Gramm Ginseng-Extrakt, die andere Gruppe ein Placebo. Die Einnahme erfolgte über 12 Wochen, wobei die Probanden weiterhin ihre Diabetes-Medikamente erhielten. In der Studie wurde der Langzeit- (HbA1c), der Nüchtern-Blutzucker, die Plasma-Glukose, das Plasma-Insulin sowie der Insulinsensitivitätsindex untersucht. Alle Werte zeigten eine Verbesserung, jedoch nicht der HbA1c-Wert. Trotz des sich nicht veränderten primären Wertes HbA1c konnten die Autoren zeigen, dass Ginseng dennoch zu einer Regulierung der anderen Werte beitragen kann. Interessanterweise kam es auch über die Studiendauer hinaus zu positiv veränderten Werten. Die Autoren schlussfolgerten, dass Ginseng aufgrund der beschriebenen Wirkung eine gute Ergänzung bei Diabetes darstellt (3).

Was ist zu beachten?

In Studien wird in der Regel der asiatische Ginsengextrakt (Panax Ginseng) verwendet. Ginseng sollte vor oder zwischen einer Mahlzeit eingenommen werden. Nebenwirkungen treten nur bei sehr hohen Dosierungen und bei sehr langer Einnahme auf. In seltenen Fällen kann es zu Unruhe, Schlafstörungen, Blutdrucksteigerungen und Durchfällen kommen. Als Kontraindikation gilt Schwangerschaft. Interaktionen mit Arzneimitteln sind nicht bekannt. Der Extrakt sollte einige Wochen eingenommen werden, um einen möglichen Effekt zu erzielen. Jedoch sollte die Einnahme zunächst 12 Wochen nicht überschreiten, da hormonartige Wirkungen nicht sicher auszuschließen sind. Bei Diabetes mellitus werden Dosierungen von 100-300 mg täglich empfohlen. Beim Kauf von Präparaten sollte auf eine sehr hohe Qualität geachtet werden. Zudem sollte auf der Verpackung auch immer der Wert der Ginsenoside angegeben sein.

Da Ginseng einen wichtigen Einfluss beispielsweise auf den Glukosewert und den Nüchtern-Blutzucker zeigt, kann dieser Extrakt einen interessanten Ansatz bei Diabetes-bedingter Polyneuropathie darstellen. Kommt es zu einer günstigen Blutzuckerregulation, hat dies auch immer positiven Einfluss auf die peripheren Nervenstrukturen. Weiterhin ist hier nennenswert, dass Ginseng eine wichtige Bedeutung bezüglich nervaler Wachstumsfaktoren hat.


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Quellen:

(1) Naseri K, Saadati S, Sadeghi A, Asbaghi O, Ghaemi F, Zafarani F, Li HB, Gan RY. The Efficacy of Ginseng (Panax) on Human Prediabetes and Type 2 Diabetes Mellitus: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2022 Jun 9;14(12):2401. doi: 10.3390/nu14122401. PMID: 35745129; PMCID: PMC9227417.

(2) Shishtar E, Sievenpiper JL, Djedovic V, Cozma AI, Ha V, Jayalath VH, Jenkins DJ, Meija SB, de Souza RJ, Jovanovski E, Vuksan V. The effect of ginseng (the genus panax) on glycemic control: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled clinical trials. PLoS One. 2014 Sep 29;9(9):e107391. doi: 10.1371/journal.pone.0107391. PMID: 25265315; PMCID: PMC4180277.

(3) Vuksan V, Sung MK, Sievenpiper JL, Stavro PM, Jenkins AL, Di Buono M, Lee KS, Leiter LA, Nam KY, Arnason JT, Choi M, Naeem A. Korean red ginseng (Panax ginseng) improves glucose and insulin regulation in well-controlled, type 2 diabetes: results of a randomized, double-blind, placebo-controlled study of efficacy and safety. Nutr Metab Cardiovasc Dis. 2008 Jan;18(1):46-56. doi: 10.1016/j.numecd.2006.04.003. Epub 2006 Jul 24. PMID: 16860976.

(4) Bäumler S (2013) Heilpflanzen Praxis heute. Arzneipflanzenporträts Rezepturen und Anwendung. Urban & Fischer, München

(5) Schmidbauer C. 2018. Mikronährstoff-Coach. Das große Biogena-Kompendium der Nährstoffe. 3. Auflage. Wien: Verlagshaus der Ärzte



Wichtiger Hinweis

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